Rambin, 21. Juni 2015 – An diesem Tag feiert der Anglerverein Rambin sein fünfzigjähriges Bestehen. Der Anlass zeigt auch ein Stückchen DDR-Geschichte und den Wandel nach der deutschen Wiedervereinigung. Früher feierten die Angler in Rambin ein Strandfest. Jetzt ist es im Sommer das Hafenfest. Logisch, gab es doch anfangs in Rambin am Kubitzer Bodden noch keinen Anglerhafen. Der entstand zur DDR-Zeit in kleinen Schritten und mit viel Improvisationstalent.
1965: Die Anfänge
Heute, wo die Ortsgruppe Rambin im Deutschen Anglerverband das Fünfzigjährige feiert, wird ein Mann besonders geehrt: Hansjürgen Stark (65) ist das einzige dem Verein noch verbliebende Gründungsmitglied. Dafür gab es für ihn vom Vereinsvorsitzenden Andreas Gudescheit (56) warme Worte und einen Korb voller Delikatessen. In seiner Jubiläumsansprache betonte Gudescheit auch die dauerhaft erforderlichen Eigeninitiativen der Angler: „Die Erhaltungs- und Erneuerungsarbeiten an unserer Hafenanlage werden wohl nie zu Ende gehen“. In der Tat: was hier in der kleinen Bucht des Kubitzer Boddens „Am Fuchsberg“ in 50 Jahren entstanden ist, zeugt vom Engagement der Mitglieder im Anglersportverein.
Angefangen hatte alles 1965. Rambiner, die zuvor ihre Angelruten am Ufer ausgelegt hatten, verfolgten die Vision von einem eigenen Steg und einigen Booten, mit denen sie auf den Bodden hinausfahren könnten. Im damaligen Kulturhaus Rothenkirchen trafen sie sich schließlich, gründeten den Verein und waren gleich mit dem ersten Problemchen konfrontiert: Die wenigen Gründungsmitgliedern mussten alle Vereinsposten besetzen, vom Vorsitzenden bis zum Rechnungsprüfer. Auch Hansjürgen Stark wurde in die Pflicht genommen mit der Jugendbetreuung – damals war er gerade 14. Vieles, von dem in diesem Bericht die Rede ist, gibt es heute nicht mehr: Das Kulturhaus, den Badestrand, die Siedlung nahe der Neuendorfer Kate und den Ortsteil Goldevitz.
Der erste Bootssteg entstand noch im Gründungsjahr als Provisorium neben dem damaligen Giesendorfer Badestrand. Mit wachsender Mitglieder- und Bootszahl waren bald alle Möglichkeiten an diesem Standort ausgereizt.
Engagement und Improvisationstalent
Die Alternative fand sich gut einen Kilometer weiter östlich in der Bucht „Am Fuchsberg“. Zu damaligen Zeiten scherte man sich wenig um Formalitäten: Mieten, pachten, Verträge schließen? „Ach was, wir haben mit einigen Leuten der Gemeinde gesprochen, und die Sache war gegessen“, erinnert sich Hansjürgen Stark an das Jahr 1966. Hier sollte der erste feste Bootssteg entstehen. Problem war nur: Es fehlte das Baumaterial.
Aber auch dafür fand sich eine Lösung. „Damals wurden die alten Häuser nahe der heutigen Neuendorfer Kate abgerissen, und einer im Verein hatte einen Trecker mit Anhänger“, freut sich Hansjürgen Stark noch heute, „da wurden Balken, Bretter und alles, was wir zum Bauen des Schuppens brauchten, aufgeladen und zum Fuchsberg gefahren“. Auch für die Uferbefestigung gab es geeignetes Material. Im damaligen Ort Goldevitz war ein Hof aufgegeben worden. „Die Hoffläche war mit Feldsteinen gepflastert, denen rückten wir mit Brechstangen und Spitzhacken zu leibe“, schmunzelt Vereinsgründer Stark. Transportiert habe man alles wieder per Trecker mit Anhänger. So konnte man das befestigte Ufer weiter ausbauen und die Steganlage erweitern. Werftarbeiter unter den Vereinsmitgliedern schweißten die Stahlkonstruktion zusammen, auf denen noch heute die Holzplanken liegen.
Mit Köpenicker um die Wette geangelt
Gegen Unbilden des Wetters bot den Anglern bei Geselligkeiten eine riesige Güterwagenplane Schutz. Weil auch dies kein Dauerzustand sein konnte, entstand bald eine feste, ausladende Überdachung. Strom gab es hier damals nicht. Während man heute den Generator anwirft, „hatten wir damals für die Kühlung eine einfache Lösung parat“, erinnert sich Hansjürgen Stark, „unter dem Schuppen haben wir einen ‚Keller‘ gegraben, da passten gut drei Kästen Bier rein“. Und an „anständiges“ Bier sei man auch gekommen. Dafür hätten Anglerfreunde von den Kabelwerken Oberspree in Berlin-Köpenick gesorgt. Mit dem dortigen Verein veranstaltete man regelmäßiges Wettangeln – im Sommer in Köpenick, wenn an der Spree beste Fischzeit war. Und im Oktober war es auf dem Kubitzer Bodden am günstigsten. Dann rückten die Berliner Freunde zum Wettstreit an.
Bis in die späten siebziger Jahre war das Gewässer für seinen Fischreichtum bekannt. An guten Angeltagen, wissen ältere Vereinsmitglieder zu berichten, lag abends die Hafenwiese voller Fische. Das änderte sich, als aus einem Schweinemastbetrieb Gülle über einen Entwässerungsgraben in den Bodden geriet. Infolge von Überdüngung nahm das Algenwachstum Überhand, und dem Wasser wurde der notwendige Sauerstoff entzogen. Eine andere Ursache für den Rückgang des Fischbestands lag an den damals riesigen Kormorankolonien. Jetzt sind die Umweltverhältnisse am Kubitzer Bodden wieder intakt. In den letzten drei Jahren haben sich die Fischbestände wieder erholt.
Was wäre eine Geschichte über Angler, wenn nicht mit den dicksten Fischen geprahlt würde. Dem Vernehmen nach soll einer im Verein einen 15-Kilo-Hecht an der Angel gehabt haben. Hansjürgen Stark hat es immerhin auf ein 1,10 Meter langes und zehn Kilo mächtiges Exemplar gebracht.
Wasser auf dem Kubitzer Bodden: mal so, mal so
Gefeiert wird beim Sommerfest jedes Jahr unter einem Motto: 2015 war es das Thema „Gut behütet“. So zeigten sich die Anglerfrauen in bester Laune. Foto: fl.Zu kämpfen haben die Sportangler aus Rambin seit jeher mit wechselnden Wasserständen auf dem ohnehin flachen Boddengewässer. „Bei unseren Booten ist ein Tiefgang von 30 Zentimetern das Alleräußerste“, betont Peter Puchert. Bei starken süd-westlichen Winden sinke der Wasserspiegel, als hätte jemand den Stöpsel gezogen. Dann liegen die Boote im Hafen „hoch und trocken“. Bei Starkwinden aus Nord-West steigt das Wasser. Im Millenniums-Herbst hatten Hochwasser und Sturm den Anglerhafen mit Macht heimgesucht. Wind und Wellen rissen Segeljollen und Motorboote vom Steg und wurden dabei zerstört oder erheblich beschädigt. Bürgermeister Christian Tiede (FDP) zeigt auf einen Baum am nahen Ufer: „Hieran haben sich damals die Männer mit Leinen gesichert, als sie im Wasser versuchten, zu retten, was zu retten war“.
Einmal jährlich zum Saisonschluss kommt eine Einladung. Sie lautet lakonisch: „Arbeitseinsatz”. Darunter wird aufgezählt: „1. Abbau des Steges, 2. Aufräumen des Hafengeländes, 3. Instandsetzung der Slipanlage, 4. Abbau der Fahnen an der Fahrrinne. Der Vorstand.” Man nimmt’s gelassen, denn anschließend gibts Würstchen und Bier zur Belohnung.
Zahlen und Fakten
- 1965 wurde die Ortsgruppe Rambin im Deutschen Angler-Verband (DAV) gegründet, sie zählt heute 50 Mitglieder.
- 30 Liegeplätze für Segeljollen und flachgehende Motorboote hat der Anglerhafen „Am Fuchsberg“. Mit mehr als 30 Zentimetern Tiefgang kann auf dem Bodden nicht gefahren werden.
- 1.800 Euro Pacht für Boden- und Wasserfläche zahlt der Verein jährlich an die Stadt Stralsund und das Wasser- und Schifffahrtsamt.
- 18.000 Euro hat im Jahr 2008 das Ausbaggern der Fahrrinne zum Hafen gekostet.
- 8.000 Euro davon gab es als Zuschuss von der Gemeinde.
- 10.000 Euro, den verbleibenden Rest, haben die Vereinsmitglieder angespart und per Umlage finanziert.
- Aktuelle Informationen veröffentlicht der Verein auf seiner Internetseite.