Rambin. Gut Ding mag Weile haben. Aber die lange Weile von mehreren Jahren lässt Rambins Bürgermeister Andreas Klug (CDU) jetzt den Kragen platzen: „Flüsterasphalt auf der B 96 neben unserem Dorf hat man uns versprochen, Brüllbeton haben wir erhalten“, schreibt er in einem Brief an die betroffenen Einwohner. Und im Brief an den verantwortlichen Landesverkehrsminister Christian Pegel (SPD) fordert Klug einen konkreten Zeitplan für die Umsetzung der mehrfach angekündigten Nachbesserungen zur Lärmminderung. Das Ministerium, um Stellungnahme gefragt, gibt nur Formales zum Besten.
Zum Hintergrund: Die Fahrbahndecke der B 96 sollte 2015 in sogenanntem Splitmastrixasphalt gebaut werden. Im Allgemeinen wird solche Fahrbahn auch Flüsterasphalt genannt. Stattdessen hat die vom Land beauftragte „Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH“ (Deges) rauen Beton verbauen lassen. Und damit für Lärm und Ärger gesorgt.
Um Nachbesserungen gab es jahrelanges Hin und Her. Ich hatte 2016 nach ausführlichen Recherchen mithilfe des Rambiner Ingenieurs Jörg Gothow in einem Bericht der OSTSEE-ZEITUNG aufgedeckt, dass mit Bau der Fahrbahnoberfläche in Beton gegen den Planfeststellungsbeschluss verstoßen worden war. Zur Erklärung: Der Planfeststellungsbeschluss entspricht rechtlich einer verbindlichen Baugenehmigung. Entscheidende Passage darin: „Im Einvernehmen mit dem Land ist der Einsatz eines modifizierten ,Splitmastixasphaltes’ im Bereich der Ortschaft Rambin vorgesehen. Hier können weitere lärmmindernde Effekte erzielt werden.“
Besonderer Aufreger für die betroffenen Anwohner: Ausgerechnet auf der Strecke bei Rambin kam der „Brüllbeton“ zum Einsatz – in den Abschnitten bei Altefähr und Samtens, wo keine nahe Bebauung anliegt, wurde Asphalt verbaut. Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr, schrieb in einer Stellungnahme an die Bürgerinitiative von einer „rechtlichen Verpflichtung zur Nachbesserung.“
Schon bald nach der Freigabe der neuen Bundesstraße im Abschnitt Altefähr – Samtens im Dezember 2015 bildete sich in Rambin die Bürgerinitiative gegen die enorme Lärmbelastung durch den Verkehr auf der waschbetonartigen Fahrbahn. Nach Einwohnerversammlung und Initiativen der Gemeindevertretung reifte im Ministerium die Erkenntnis, dass angesichts des Verstoßes gegen den Planfeststellungsbeschluss und der anhaltenden Beschwerden von Anwohnern Handlungsbedarf besteht. Minister Christian Pegel bewegte sich schließlich auf die Bürgerinitiative zu und betonte wie wichtig ihm, Zitat: „Vertrauensschutz, für den ich mich einsetze“ sei. Er kündigte angesichts der falschen Bauausführung bei einem Ortstermin im Juni 2016 in Rambin an, dass die Betonfahrbahn mit Asphalt überzogen werde und machte Tempo: „Die beschlossenen Arbeiten sollen nach der Urlaubssaison beginnen und möglichst bis November 2016 abgeschlossen werden.“ Weitergehende Forderungen nach Bau einer Lärmschutzwand lehnte der Minister damals ab.
Seither sind genau vier Jahre vergangen, und es hat sich in Sachen Lärmminderung für Rambin konkret nichts getan. In der Zwischenzeit machte das Ministerium eine Kehrtwende: Die zuvor abgelehnte Forderung nach einer Lärmschutzwand werde jetzt geprüft, schrieb das Ministerium im Oktober 2016, wörtlich: … ob das Aufstellen einer solchen Lärmschutzwand hinsichtlich Grunderwerb und Planungsverfahren möglich und die Lärmschutzwand damit eine geeignete Alternative zum Asphaltüberzug sei – dazu laufen momentan Abstimmungen mit dem Bund.
Anfang 2017 schließlich kam grünes Licht aus dem Ministerium. Auf einer Länge von rund 600 Metern solle eine etwa vier Meter hohe Lärmschutzwand künftig die Geräuschemissionen der mit Tempo 100 vorbeifahrenden Autos mindern. Diese solle westlich zwischen der Brücke nach Kasselvitz beginnen und im Osten hinter dem Bahnhofsgebäude enden. Im Rahmen dieser Planungen seien noch Abstimmungen mit der Deutschen Bahn zu führen, auf deren Grundfläche die Schallschutzwand errichtet werden solle.
Seither sind dreieinhalb Jahre vergangen, und vor Ort hat sich immer noch nichts verändert. Deshalb nimmt Rambins Bürgermeister in seinem Brief den Minister persönlich in die Pflicht: „Sie sind als Vertreter des Landes in der Gesellschafterversammlung der Deges und haben dort entsprechende Einflussmöglichkeiten. Auch sind Sie Aufsichtsbehörde über die Straßenbauverwaltung. Sie haben also Möglichkeiten, die Planungen zu begleiten und Hindernisse zu beseitigen. Dennoch haben wir bis heute keine verbindliche Aussage über den zeitlichen Ablauf für die Errichtung der zugesagten Lärmschutzwand.“
Das Ministerium gab auf Anfrage der OZ folgende Stellungnahme zum Sachstand: „Die Deges hat die Planungen erstellt und einen Antrag auf Änderung des Planfeststellungsbeschlusses für die B 96n gestellt. Zu diesen vorgelegten Plänen gibt es noch Abstimmungsbedarf – die Deges und das Landesamt für Straßenbau und Verkehr als Planfeststellungsbehörde stehen dazu in Verbindung. Das Planfeststellungsverfahren kann nach erfolgter Abstimmung erfolgen.“
„Bah blah“, so dazu der Kommentar eines Betroffenen, der hier nicht mit Namen genannt werden will: „Erst habe ich mich gefreut, dass der Beton mit Flüsterasphalt überzogen werden soll. Dann habe ich geglaubt: Super, eine Schallschutzwand wäre die bessere Lösung, Jetzt glaube ich gar nichts mehr.“ Er hoffe aber, dass die Initiative des Bürgermeisters im Ministerium etwas bewegen wird.
Am 20. Juni hat auch der NDR in seinem Nordmagazin darüber berichtet.