Rambin – April 2015. Die Spreu vom Weizen trennen – früher war das keine Redensart, sondern Schwerstarbeit in der Landwirtschaft. Mit welchem Gerät Bauern auf Rügen bis in die 1930er-Jahre arbeiteten, lässt sich am besten im Heimatmuseum Rambin aufspüren. Hier, ganz in der Nähe des Bahnhofs, ist alles unter Dach und Fach versammelt: Vom Dreschflegel bis zum Rübenschneider. Seele und Motor des Museums ist ein Förderverein – und der ist gerade 20 Jahre alt geworden.
Anlass für den Rückblick unter Vereinsmitgliedern und Gästen. Georg Jeske, Vorsitzender des Fördervereins, erinnert an die ersten Jahre: „Als wir 1995 anfingen, hatten wir die Grabitzer Scheune als Ausstellungsort ins Auge gefasst“. Es sei ein Kräutergarten angelegt worden, beim ersten Erntefest des Vereins habe man dem Publikum mit Schaudreschen und Getreidemahlen die Vorstufen für’s Brotbacken demonstriert. Dafür war eigens ein Lehmofen gebaut worden; die Brote entstanden so nach historischem Vorbild.
Mit der Scheune im Rambiner Ortsteil Grabitz hatte der Museumsverein allerdings keine glückliche Wahl getroffen. Zwar war der Standort voller Symbolkraft. Hatte doch einer der bedeutendsten deutschen Lyriker im benachbarten Gut Grabitz einen Teil seiner Jugend verbracht: Ernst Moritz Arndt lebte hier vom 11. bis 18. Lebensjahr. Der historische Bezug half aber in pragmatischen Dingen überhaupt nicht weiter: An der Scheune gab es hohen Reparaturbedarf. Dafür aber langten die Vereinsfinanzen bei weitem nicht. Wo also hin mit dem Grundstock der Museumssammlung, die man aus dem Erbe des Götemitzer Bauern Fritz Herud erworben hatte? Es handelte sich dabei um landwirtschaftliche Geräte und Ausrüstungen, teils aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Besucher, vor allem jüngere Menschen, will der Förderverein mit diesen Sujets an die Lebensumstände früherer Generationen auf Rügen heranführen.
Die Lösung fand sich auf dem Grundstück der einstigen Bäuerlichen Handels-Genossenschaft (BHG), das jetzt der Gemeinde gehört. Für einen symbolischen Euro pro Jahr wurde der Verein Pächter der Liegenschaft. Hier konnte er das Projekt zum sehenswerten Heimatmuseum entwickeln und mit Leben füllen. Die Objekte aus der Herudschen Sammlung dokumentieren, welche Geräte und Maschinen in der Zeit um 1800 bis in die Anfangsjahre des 20. Jahrhunderts bei einem mittelbäuerlichen Betrieb zum Einsatz kamen.
Aus dem 300 Jahre im Familienbesitz befindlichen Hof Dörp in Parchtitz überließ die Erbin dem Museum einige Maschinen und Geräte als Dauerleihgabe. Dazu gehört auch der mindestens 100 Jahre alte, von Hand betriebene „Langdrescher“, der das Korn von Stroh und Spreu trennt. Vergleichsweise monströs ist das Sägegatter. Mit einem einzigen Sägeblatt schafft es die voll funktionsfähige Maschine, aus mächtigen Baumstämmen schnurgerade Balken und Bretter zu schneiden.
Auch das historische Brotbacken wird auf dem Museumsgelände wieder vorgeführt – im Nachfolger des ersten Lehmbackofens aus den Anfangsjahren in Grabitz. Das respektable Exemplar verfügt jetzt sogar über eine ausladende Überdachung. So können auch bei Regen bis zu 30 Brote in einem Rutsch gebacken, frisch und warm den Besuchern angeboten werden.
Der Lehmofen ist auch Namensgeber einer monatlichen Veranstaltungsreihe. Die „Backofengespräche“ sind eine Veranstaltungsreihe mit Vorträgen zu anspruchsvollen Themen der Insel Rügen. Im Anschluss diskutieren die Experten mit den Besuchern.
Das Vereinsleben sorgt im Rambiner Jahreskalender für wiederkehrende Höhepunkte. Dazu gehört das Frühlingsfest mit Tanz in den Mai. Der Rambiner Volkschor hatte hier des Öfteren seine Auftritte. Im Programm stehen auch jedes Jahr Liedermacherinnen und Liedermacher der verschiedensten Musikrichtungen. Das Erntedankfest im Herbst ist immer mit einem Markttag verbunden.
Zum zwanzigjährigen Bestehen des Museumsvereins im April 2015 entstand dieses Video mit dem 23-köpfigen Volkschor Rambin.. Video: Frank Levermann.
Einen Bezug zu Rügens berühmten Sohn Ernst Moritz Arndt konnte der Museumsverein auch am neuen Standort herstellen:
Als damals 19-jähriger Schüler ließ sich Arndt seine Gymnasialstiefel in Rambin anfertigen – eine komplette Werkstatt des Schuhmachers Vespermann steht jetzt im Rambiner Heimatmuseum.
Von seinem 11. bis 18. Lebensjahr wohnte er auf Gut Grabitz in Rambin.
Foto/Repro fl: Ernst Moritz Arndt, Quelle: Wikimedia commons.