Von Frank Levermann
Rambin, 13. Oktober 2022. Am Donnerstag kam in der Gemeindevertretersitzung von Rambin Ungewöhnliches zur Sprache. Wo sonst kommunalpolitische Debatten ausgetragen werden, sahen sich Bürgerinnen und Bürger mit Lob überhäuft. Bürgermeister Andreas Klug berichtete über ein einzigartiges Engagement von 81 Familien und Einzelpersonen aus Rambin und Umgebung. Sie haben sich mit Geld- und Sachspenden beteiligt, um geflüchteten Menschen aus der Ukraine Unterkunft und Starthilfe zu geben. Unter ihnen neun Männer und Frauen, die über Monate ehrenamtlich ihre handwerklichen Fertigkeiten einbrachten. Und seit August erleichtern vier Frauen – ebenfalls ehrenamtlich – mit Ihren Sprachkenntnissen einer Familie aus der Ukraine den Start in ihre neue Lebenssituation.
Anfang des Jahres noch hatte Markus Berberich, geschäftsführender Gesellschafter der Inselbrauerei in Rambin, die Absicht, ein altes Wohnhaus in direkter Nachbarschaft zur Inselbrauerei abzureißen und dort eine Lagerhalle zu bauen. Der weltweite Erfolg der erst vor wenigen Jahren gegründeten kleinen Craftbeer-Brauerei macht diese Erweiterung erforderlich. Es fehlte nur noch die Abrissgenehmigung.
Als am 24. Februar die russische Armee in die Ukraine einmarschierte und in der Folge eine zunehmende Zahl von Menschen vor dem Krieg flüchtete, stellte Markus Berberich das alte Haus für Geflüchtete für zwei Jahre mietfrei zur Verfügung und versprach, sämtliche Nebenkosten für die künftigen Bewohner zu übernehmen. Was noch fehlte, waren Menschen, die bereit sind, ehrenamtlich die erforderlichen Arbeiten auszuführen.
Das Haus war längere Zeit unbewohnt mit entsprechendem Erneuerungs-, Reparatur- und Renovierungsbedarf. Dafür versprach Markus Berberich, sämtliche Materialkosten zu übernehmen.
Die Brauerei startete im März einen Spendenaufruf mit einem Flyer, der in die Postkästen aller Haushalte von Rambin und Umgebung verteilt wurde. Beiträge auf dieser Internetseite begleiteten die Kampagne. 81 Familien und Einzelpersonen meldeten sich daraufhin mit Geld- und Sachspenden (Mobiliar und Haushaltsausstattung bis hin zu neuwertiger Kleidung). Neun Männer und Frauen erklärten sich bereit, die handwerklichen Arbeiten zu übernehmen, um das Haus herzurichten, mit den Sachspenden wohnlich einzurichten und auszustatten.
Gleich zu Beginn der Arbeiten stellte sich heraus, dass es mit Renovierung allein nicht getan war. Sämtliche Elektroleitungen mit allen Verteilern, Schaltern und Steckdosen mussten entfernt und erneuert werden, ebenso der Schaltkasten. Badewanne, Toilette und Waschbecken, alles mit der entsprechenden sanitären Installation, waren zu erneuern. Schimmeliger Putz musste entfernt und erneuert werden. Wände wurden tapeziert, Decken, Türen, Fenster, Fußbodenleisten bekamen einen neuen Anstrich, anschließend Verlegung neuer Fußbodenbeläge und Teppichböden. Mit Mobiliar für Wohn-, Schlafzimmer und Küche, Hausrat und Fernseher, Gardinen und Wandbildern entstand eine gemütliche Wohnung – alles aus Sachspenden eingerichtet.
Der Brauereichef hat alle Kosten für den Materialbedarf übernommen, von der neuen Sanitär- und Elektroausstattung bis hin zum Malerbedarf.
Zurzeit wird unter den Helfern und Helferinnen über die Herrichtung einer zweiten Wohnung in dem Haus diskutiert.
Im August zog eine Mutter mit zwei Töchtern aus der Ukraine ein. In der Betreuung haben sich vier Frauen mit Sprachkenntnissen um Behördengänge, Jobcenter, Krankenkasse, Arztbesuche bis hin zur Herstellung eines Internetanschlusses gekümmert.
Das Team
Initiator und Finanzier:
Markus Berberich, geschäftsführender Gesellschafter der Inselbrauerei
Kommunale Begleitung:
Andreas Klug, Bürgermeister der Gemeinde Rambin
Koordination und Kommunikation:
Frank Levermann, Journalist i.R.
Isabelle Scharff, Prokuristin der Inselbrauerei
Handwerkerteam:
Martin Krukow, Koordination der Arbeiten
Martina Fenzel
Antje Jeske
Rebecca Kollath
Gerald Lenz
Helmer Mögelin
Rudolf Plass
René Tröger
Viola Werther
Betreuungsteam:
Bettina Böhm
Jutta Jeppsson
Marlies Schäfer
Viola Werther.
Die Bewohnerinnen seit August 2022
Mutter mit Töchtern aus Zhytomyr, ca. 90 km westlich von Kiew
Zoia Kharkavchuk, die Mutter
Angelina, geht inzwischen in Bergen zur Schule
Kristina, hat eine Arbeitsstelle in Sassnitz
eine weitere Tochter befindet sich zurzeit in Warschau, Polen